Die Mühle im Eigentum der Familie Ragaz

Kauf der Mühle

Als die Eltern im Jahre 1911 aus Mexiko kamen, mussten sie sich zunächst entscheiden, wo sie Niederlassung nehmen sollten. Obwohl manches gegen die Wahl von Andeer als Wohnort sprach, wurde doch dieser Ort bevorzugt. Mutter hätte gerne das rote Haus im Oberdorf erworben, welches aber nicht zum Verkauf stand. Dem Vater schwebte zunächst ein Neubau ausserhalb des „Wäldli“ vor. Dieser Standort passte aber der Mutter wegen seiner abgeschiedenen Lage gar nicht. Schliesslich wurde die alte, verlotterte und überdimensionierte „Mühle“ gekauft. Zu gleicher Zeit interessierte sich auch der bischöfliche Hof in Chur für diese Liegenschaft, sie wollten daraus ein Heim für alte Priester einzurichten. (Meines Wissens kam dann ein solches in Zizers zu Stande.)

Die Verhandlungen mit Dr. Manfred Hoessly, der die Miterben vertrat, gelangten rasch zu einem Abschluss. Der Kaufvertrag wurde am 15. November 1911 unterschrieben. Hier sei folgendes festgehalten: „Kaufvertrag zwischen Ivan Ragaz-Janett in Andeer als Käufer einerseits und den Erben des Herrn Oberstlt. Christian Hoessly-Imthurm in Schaffhausen als Verkäufer anderseits.

1. Die Erben des Herrn Christian Hoessly verkaufen Herrn Iran Ragaz ihre sämtlichen Ihnen eigentümlich zustehenden Gebäude in Andeer: Mühle (Mulin) und Nebengebäude (auch mit dem Namen Piz Beverin bekannt) sowie sämtliche, ihnen zu Eigentum gehörenden Liegenschaften in Andeer, mit Ausnahme der Insel um den Preis von Fr. 54’500.00. Im Verkauf inbegriffen sind die zu den Gebäuden und Liegenschaften gehörenden Wasserrechte und Pflichten am Bach sowie Trinkwasserrechte usw.“

Die Grundstücknamen und -masse waren die Folgenden:

Pension Grosses Haus 395.00 m2
Alte Mühle (Pächterhaus) 172.00 m2
alte Säge 45.00 m2
Garten südlich vom Hause 205.00 m2
Garten vor dem Hause 1001.00 m2
Hof zwischen den beiden Haupthäusern 54.25 m2
Grosse Wiese nördlich. (Park) 2’650.50 m2
Triangel südlich vom Hause 393.90 m2
Pro Mulegn bei der alten Mühle 745.00 m2
Totale Grundfläche der Gebäude und des Umschwunges 5’661.65 m2
Wiesen und Ackerland ausserhalb des Umschwunges:
Wiese «Promangisch» am Wege nach Runcs 2772.00 m2
Wiese «Promangisch» kleine Parzelle in der Mitte 573.75 m2
Wiese «Pitschogna» am Wege nach Runcs sura 982.50 m2
Acker «Runcs sura» beim Cuolmet 376.68 m2
Pro Larm ca. 1/3 samt Stallanteil 3000.00 m2
Heutige Garage mit Umschwung 289.00 m2
Totale Fläche 7993.93 m2

Wiesen und Ackerland ausserhalb des Umschwunges:

Im Kaufvertrag über die Mühle wurde vereinbart, dass die Insel auf 20 Jahre gegen einen Rekognitionszins[1] von Fr 10.- pro Jahr gepachtet werden könne. Ein Vorkaufspreis wurde bis zum Jahre 1932 vereinbart und zwar zum Preise von Fr 3’000.00.

Der Preis für die Kaufobjekte mag angemessen erscheinen, obwohl die Gebäulichkeiten teilweise verlottert, teilweise sogar Ruinen waren, wie die Garage und die alte Mühle.

Im Vertrag werden auch Quellenrechte erwähnt. Es handelt sich dabei um die primitive Quellfassung am oberen Weg zur Liegenschaft Rosales, wo eine spärliche, aber damals das ganze Jahr fliessende Quelle entsprang. An der dortigen Quellfassung -eine Holzkiste- waren zwei Röhren angeschlossen. Die eine davon führte das notwendige Wasser für den Brunnen bei der früheren kath. Kirche und die andere zum Brunnen im Hof der Mühle. Der Brunnen befand sich hinten gegen die Hausmauer und zwar in der Höhe des Waschküchenbodens. Der Innenhof wurde erst nachträglich aufgefüllt und die dortige kleine Steintreppe nebst Mauer errichtet. Der Druck dieser Quelle war äusserst gering und reichte gerade noch, um den Brunnen zu speisen.

Ivan Ragaz erhielt dann von der Gemeinde das Recht die eigentliche Cutschaleraquelle im Walde oberhalb des Schiesstandes zu fassen. Das Eigentumsrecht an der Quelle verblieb jedoch weiterhin bei der Gemeinde.

Noch ein Schlusswort zu diesem Kapitel. Es ist sicherlich nicht ohne weiteres verständlich, dass Ivan Ragaz sich für den Kauf der Mühle entschloss. Er war eben ein Mensch, dem das Grosse und Aussergewöhnliche besonders imponierte. Er rechnete und plante stets über unsere Verhältnisse hinaus. Auch die zu erwartenden Erträgnisse aus den Bergwerken beurteilte er oft zu optimistisch. Anderseits darf nicht vergessen werden, dass selbst grosse Instandstellungsarbeiten verhältnismässig günstig waren.

Kauf des Inventars

Die Mühlsteine sind noch bis heute vorhanden.

Im Jahre 1911 befanden sich in der Mühle noch viele Inventarstücke aber auch Mühleeinrichtungen etc. Vieles wurde beim Ausbau und später verwendet‚ manches aber auch entsorgt und wieder anderes existiert heute noch im Originalzustand. Es sei auf die Mühlsteine verwiesen, die noch alle vorhanden sind. Der rote Mühlstein vor dem Hause stammt aus Mels und wurde seinerzeit als Felsblock mit 6 Pferden herangeschafft. Dieser Stein von Mels eignete sich besser als Andeerer Granit, der spröde und hart ist.

Es gab in der Mühle und auf der Säge eine grosse Menge hölzerner Räder aller Art und viele Eisenteile. Als Knaben haben wir viel damit gespielt. Auch das spätere Schöpfrad für den Ententeich stammt noch aus der Mühleeinrichtung.

Original sind auch noch die Hausglocke im Nordflügel und das Gatter über der dortigen Haustüre mit den Buchstaben G. H. (Gebrüder Hoessli). Mehrere kleine Tische sind in den Gängen und im Esszimmer zu sehen, die aus einstigen Unterlagen der Mühletrichter gemacht worden sind. Die schöne Haustüre aus Eichenholz und ebenso das Täfer in den Gängen stammen aus Holzteilen der Mühle. (Radwellen etc.)

Der Preis für das Inventar, also Hausrat und anderweitige Einrichtungen, betrug Fr 500.-. Die Liste ist noch vorhanden und in der zweiten Mappe zu finden. Vieles dieser erworbenen Gegenstände ist noch in der Mühle. Hier einige Hinweise: grosser Futtertrog aus der Säge, Dezimalwaage, grosser Tisch mit vielen Schubladen in der Spensa (Vorratsraum), Tisch in der Lingerie und ein anderer im Raume neben der Küche, Tischgestell für Eier, Hacktisch, Gartentisch und Gartenstühle, ein grosses Hebeisen für das Manövrieren der Mühlsteine, Kücheneinrichtungen, Wienersessel, halbrunder Tisch im Gästezimmer, Spiegel‚ Sofas, Betten, Petroleumlampen, Waschkommoden, Nachttische‚ Kerzenhalter, Kasten, Handtuchständer und Schirmständer etc.

Der Ausbau der Mühle

Ein Architekt namens Braun verfertigte Pläne für den Ausbau. Er wurde aber meines Wissens nicht weiter zugezogen, was sicher ein grosser Fehler war. Die Eltern besassen auf dem Gebiete des Bauens zu wenig Erfahrung. Ausserdem war Vater oft abwesend, sogar über Meer. Als Bauleiter wurde Giovanin Mani angestellt, ein Mann der mehr der grossen Worte und kleinen Taten. Er schuldete Vater eine gewisse Summe aus Darlehen und dieses sollte somit abgestottert werden. Da es aber mit Giovannin Mani nicht so recht funktionieren wollte, wurde als Aufseher noch Christian Schocher beigezogen. Er war zwar ein ruheloser Geist und ein Abenteurer, hat aber seine Sache doch recht gut gelöst. Er hatte auch Vater vor Giovanin Mani gewarnt und später berichtet „überall wird angefangen und nirgends fertig gemacht.“ An der Bauverzögerungen waren jedoch noch weitere Umstände schuld. Vater liess sich leicht Neuerungen von allerhand Leuten aufschwatzen und war ausserdem von der amerikanischen Wohnkultur begeistert. Vieles davon bewährte sich bei uns gar nicht. In mancher Hinsicht mag Vater auch der Zeit voran gewesen sein. Beispielsweise liess er sämtliche elektrische Leitungen unter Verputz oder Täfer anbringen was damals in unserer Gegend noch nicht üblich war.

Die Installateure verwendeten zu kleine Bleiröhren und zu dünne Drähte und legten die Leitungen oft noch rechtwinklig an, sodass ein Nachziehen von Drähten unmöglich wurde.

Aus den USA wurde sodann auch ein grosser Kochherd mit sechs Kochplatten importiert. An diesem, wurde auch ein Boiler für Warmwasser angeschlossen. Der Kochherd verschlang Unmengen von Holz, da er eigentlich für Kohlenfeuerung gebaut worden war, und der Boiler funktionierte nie, sodass wir kein warmes Wasser hatten weder in der Küche noch in den Badezimmern.

Auch hinsichtlich Zimmertemperaturen hatte Vater unmögliche Ansichten. So war er der Meinung eine Stubentemperatur von 16° C sei genügend. Er wollte deshalb in der grossen Stube nur zwei Heizkörper anbringen und in den Gängen überhaupt keine. Es ist der energischen Intervention von Schocher zu verdanken, dass letztendlich in die Stube drei Heizkörper eingebaut wurden und ebenso deren zwei in den Korridoren.

An die Umbauarbeiten kann ich mich noch zum Teil erinnern. So sehe ich noch heute wie die grossen Mühlsteine zur Haustüre hinaus gerollt wurden und vor dem Hause zum Stehen kamen.

Die Firma «Leonhard Mani & Söhne» an welcher auch Giovanin Mani beteiligt war, hätten sämtliche Holzarbeiten ausführen sollen, also Schreiner- und Zimmermannsarbeiten. Da sie jedoch immer mehr ins Hintertreffen gelangten, übergaben die Eltern die Ausführung der grossen Stube einem Schreiner Joh. Rüedi in Splügen. Dieser war ein guter Handwerker. Auch Manis hatten mit Anton Mani und den Angestellten Umberto Torri und Richard Mazzolini drei tüchtige Arbeitskräfte. Beispielsweise verfertigte Anton Mani die hintere Wendeltreppe und U. Torri die schöne Haustüre, das Täfer im Büro etc. Wenn ich recht orientiert bin, so wurde das Täfer der grossen Stube entnommen, neu bearbeitet und im Büro wiederverwendet.

Neu sind die Brusttäfelungen in den Gängen, in der kleinen Stube, im Esszimmer und Schlafzimmer. Die Treppe zur Haustüre aus Granit ist ebenfalls damals neu gemacht worden, wie auch Gipsdecken in den Gängen und im Gartenzimmer. Parkettböden erhielten die grosse Stube, das Büro, Gartenzimmer und die obere Stube. Neu getäfelt wurde auch die grosse Schlafkammer im oberen Stockwerk. Granittreppen wurden, alle neu gemacht! Die früheren Aborte befanden sich gegen den Hof und wurden entfernt. An ihrer Stelle kamen drei neue WCs in jedem Stockwerk eines, wobei diejenigen im mittleren und oberen Stockwerk als Badzimmer eingerichtet wurden.

Auf diesem Bild sieht man die neuen Verandas. Aufnahme ca 1920.

Die kleine Stube war früher die Küche. Diese wurde in den Mittelbau verlegt. Neu entstanden die beiden Verandas vor und gegen Süden. Ganz neu war die hintere Haustüre nebst dortigem Aufstieg in den zweiten Stock. Hauseingänge entstanden sodann im Süden im Parterre und im Keller. Die Fenster gegen Süden wurden beidseitig der Verandas vergrössert, d.h. im Parterre und im mittleren Stockwerk. Die grosse und die obere Stube wurden mit zwei schönen neuen Öfen ausgestattet. (der grüne Ofen in der grossen Stube wurde in den Nordtrakt verlegt und zwar in der dortigen mittleren Stube) Die geringste Änderung erhielt wohl der dritte Stock, wo die Einteilung der Zimmer mit Ausnahme des Badezimmers wie früher blieb. Der Ofen in der grossen Stube wurde von Ofenbauer Jöhl Weibel aus Chur gebaut, ebenso der kleine grüne Ofen in der oberen Stube. Kostenpunkt Fr 1’391.00. Maler war Joh. Jakob Risch aus Andeer.

Bis zum Jahre 1913 waren wir im Nordflügel untergebracht, wo das Wohnen nicht besonders angenehm war. Die Umsiedlung in den Südteil des Hauses war deshalb ein frohes Ereignis. Nunmehr bewohnten wir ja ein schön und bequem eingerichtetes Haus. Einiges Über die damaligen Handwerkerpreise: Simon Mani, Steinhauer, forderte für die beiden Säulen zum Garteneingangstor Fr 237.00. Die grosse Stube kostete ohne Holz Fr 1020. Die Rechnung der Gipser war Fr 1169.35 usw. Siehe Unterlagen in der zweiten Mappe.

Einen Fehler besonderer Art beging Vater, weil er irrtümlicherweise das Wappen Risch als dasjenige der Familie Ragaz annahm und es sowohl am Stubenofen wie aussen auf der Veranda anbringen liess. Zwar gehörte das Haus J. Risch, links beim Dorfeingang, lange Zeit der Familie Ragaz. Johann Ragaz (1662 – 1711) hatte nämlich eine Tochter aus diesem stattlichen Hause namens Eva Risch geheiratet. Das Wappen, das dort in schwarzem Marmor über der Eingangstüre steht, ist aber das Wappen der Familie Risch. Das Wappen der Familie Ragaz weist in grünem Feld drei goldene Kugeln auf. Im Jahre 1977 liess ich das richtige Ragaz Wappen anbringen.

Die ausgebaute Mühle wurde von vielen Besuchern bestaunt und sie war auch eines der schönsten Häuser im Tale. Für die Beaufsichtigung und für die Erledigung der häuslichen Pflichten war es für eine Person jedoch zu gross. Damals konnte man sich allerdings noch Hilfskräfte und Hausangestellte noch leisten.

Der Garten

Im Folgenden sei unsere Aufmerksamkeit noch auf den Umschwung der Mühle gelenkt. Bei der Übernahme war auch der Garten ziemlich verwildert wies aber noch schöne Reste der früheren Anlage auf. Aus jener Zeit stammen z. B. der noch heute bestehende blaue Flieder, die drei Birken beim Wasserfall, der Kirschbaum und die Erlen am Bache. Letztere sind freilich nicht mehr die ursprünglichen, sondern Nachwuchs. Erinnern kann ich mich noch an eine grosse Pappel bei der Fureala vom Promangisch, an zwei Äpfel- und Birnbäume sowie an ein Gartenhäuschen vor dem Hause. Für uns Kinder war die Mühle mit der herrlichen Umgebung und dem klaren Mühlebach ein ausgezeichneter Tummelplatz, der uns vielerlei und beinahe unbeschränkte Betätigungen erlaubte.

Der Bach war damals schon um einiges breiter.

Eine besondere Anziehungskraft übte der Bach aus. Darin wurde oft gefischt, mit Flössen hantiert und vor allem mit Wasserrädern gespielt. Der Bach führte damals viel mehr Wasser als heute und war offen. Zunächst hatte Vater nur die Einfassungsmauern beim Wasserfall bis zum kleinen Haus machen lassen, später kamen auch die nicht gerade stilgerecht erstellten Einfassungsmauern aus Zement hinter dem Hause dazu. Die Idee war, den Bach tiefer zu halten, damit nicht immer Wasser in die Keller eindringen würde.

Der Bach bildete Eisflächen im Winter.

Auch im Winter war der Bach bei uns Jungs sehr willkommen. Auf beiden Seiten von Promangisch überschwemmte er oft von selbst, aber oft auch mit unserem Dazutun, das Wiesengelände und bald bildeten sich grosse Eisflächen, auf welchen sich die Jugend tummelte, allerdings noch ohne Schlittschuhlaufen, da dieses damals in Andeer noch nicht üblich war.

Die Bachfallen.

Der Hauptnutzen am Bach war aber für uns wohl der, dass sämtliche Abwässer aus Brunnen und Kanalisation in diesen eingeleitet werden konnten. Der Unterhalt des Baches war allerdings mit Kosten verbunden. An sämtlichen Aufwendungen mussten wir gemäss Anteilsrechte 3/5 bezahlen. Die alle paar Jahre auftretenden Hochwasser füllten oft den Kanal mit Sand und Kies auf und beschädigten auch die Fassungsmauern beim Rhein. Vater liess dann auf eigene Kosten die Bachfallen zu hinterst in Promangisch erstellen und zwar im Jahre 1937. Nun konnte der Bach besser reguliert werden, und bei drohendem Hochwasser ganz abgestellt werden. Allerdings unterliessen Manis (von der Sägerei) oft diese Vorsichtsmassregel, sodass wir auch schon mitten in der Nacht bei strömendem Regen das Unterlassene nachholen mussten.

Item, die Existenz des Baches haben wir stets versucht zu erhalten. Er bedeutet ja das Wahrzeichen der Mühle und der dortigen Gegend.

Dass der Garten irgendwie besser gepflegt und teilweise neu angelegt werden musste, ist selbstverständlich. Nun begingen aber die Eltern den grossen Fehler, dass sie auch hier falsch und vor allem überdimensioniert planten. Andeer hätte nach ihrer Meinung ein Eldorado für Obst, Beeren und Gemüsekulturen sein sollen. Leider ist es aber nicht ganz so. Auch für Blumenkulturen usw. eignet sich das Klima in Andeer nur in beschränktem Umfang. Ein Gärtner wurde angestellt, der den Garten erstellen, besorgen und Ertrag bringend pflegen sollte. Es wurde eine Unmenge von Obstbäumen aller Sorten gepflanzt sowie Quitten und Nussbäume, auch wurden Spaliere erstellt. Das Ergebnis war unbefriedigend. Viele Sorten eigneten sich gar nicht für Andeer. So hatten wir an keinem Spalier, weder an der Mauer im Norden noch an der Pergola je Erträge!

Der erste angestellte Gärtner, verbrachte seine Zeit lieber im Wirtshaus als bei der Arbeit. Dieser, wie auch die späteren Gärtner bewohnten den Nordflügel. Im Allgemeinen hatten wir mit dem Personal aber eher mehr Ärger als Freude. Erst als wir endlich mit diesem Projekt der Grossgärtnerei und Angestellten aufhörten, wurde der Aufenthalt in der Mühle ruhiger und angenehmer.

Es sei noch hervorgehoben, dass auch Zierbäume in allzu grosser Zahl und zu eng aufeinandergesetzt wurden. Die Folge davon war, dass ein richtiger Urwald entstand. Ich musste dann zu meinem Leidwesen manch schöne Pflanze entfernen, weil kein Platz mehr da war. Somit entfernte ich sicherlich an die 50 Fichten, die überall wucherten. Anderseits habe ich auch einige Neupflanzungen vorgenommen, wo mir tunlich schien. Auch der Bestand an Obstbäumen, in beiden Baumgärten mögen 50 Bäume gestanden haben, musste ich stark reduzieren. Zunächst schied ich die unfruchtbaren aus und später auch die alten Bäume. Wer hätte alle diese Bäume pflegen und die Ernte verwerten sollen?

Auch der grosse Gemüsegarten in Promanisch beim Bach erwies sich alsbald als Ballast, weshalb ich ihn auch beseitigte. Wir hatten mit den Gemüsebeeten bei der grossen Mauer mehr als genug Garten. Auch das dortige Treibhaus, das in schlechtem Zustand war, liess ich abreissen. Alle diese Massnahmen hatten wohl zur Folge, dass die frühere, gepflegte Blumenanlage, die Baumgärten und Gemüseanlagen teilweise verschwanden, aber wir hatten anderseits auch weniger Arbeit und Ärger und konnten die Arbeiten teils selbst teils mit Zuzug von Taglöhnern sehr gut bewältigen. Solche waren Geronimus Rostetter, Ulrich Strub sen., Andreas Rudin, Albert Stäger etc. Mit ihren Leistungen konnte man durchwegs zufrieden sein. Die Gärtner waren mit Ausnahme von Walter Bernasconi, einem Tessiner, eher Versager. So namentlich Oskar Frehner ein Trunkenbold und Tunichtgut. Andere hiessen Löhler aus Basel und Ackermann aus dem Aargau, die nicht zufriedenstellend arbeiteten. Schliesslich übertrugen wir im Jahre 1936 (als wir nach Mexiko auswanderten) die Aufsicht über Mühle und Garten an Andreas Rudin, der bis dato in Clugin gewohnt hatte und dann in das hintere Haus, der alten Mühle, einzog.

Es mag noch von Interesse sein, wer alles in der Mühle gewohnt hat. Kurz nach unserer Übersiedlung in den Südflügel bezog Richard Bandli mit Familie für einige Zeit den Nordflügel und anschliessend, während mehreren Jahren, Lehrer Jakob Manni-Bandli mit seiner Grossfamilie. Einige Jahre später mietete der eben verheiratete Gian Michael-Fimian mit seiner Frau die obere Wohnung. Er war ebenfalls Lehrer in Andeer, erkrankte aber nach zwei Jahren und starb noch jung im Jahre 1928.

Die einzige bauliche Umgestaltung im Nordtrakt war damals: die Küche vom Parterre in den dritten Stock zu verlegen und daneben ein WC mit Bad einzurichten.

Feldpostkarte aus dem Jahre 1915 mit der Mühle im Hintergrund.

Während des ersten Weltkrieges und oft auch noch nachher wurde die Mühle d.h. der Nordflügel oft zu militärischen Einquartierungen requiriert. Während der Grenzbesetzung hatten wir ständig Soldaten dort. Auch war lange Zeit das Lazarett dort eingerichtet, wo zahlreiche kranke und Genesende eingeliefert wurden.

Rückseite der Feldpostkarte.

Im Südflügel hatten wir zeitweise auch Offiziere und Unteroffiziere als Untermieter. Das Gartenzimmer hatten wir als Aufenthaltsraum zur Verfügung gestellt, wo fleissig gespielt, gelesen und debattiert wurde. Eine Entschädigung haben wir für die Benutzung des Nordflügels nie bekommen.

Die Soldaten brachten viel Abwechslung ins Haus aber auch etwa Unannehmlichkeiten. Die meisten waren jedoch sympathische und ruhige Zeitgenossen. Sie erwiesen uns auch freiwillig manchen Dienst. So richteten zwei Armeeangehörige die grosse Truhe im Esszimmer her und machten einen neuen passenden antiken Schlüssel dazu. Auch das kleine Schuhkästchen wurde von Soldaten verfertigt.

Für uns Knaben war das Soldatenleben recht interessant. Hauptsächlich in Promangisch wurde fleissig exerziert und oft spielte auch dort die Bataillonsmusik den Takt. Im Waschhaus wurde gar einmal ein von einem Kameraden versehentlich erschossener Soldat seziert. Dort hatten wir natürlich keinen Zutritt. Nach dem Krieg beschränkten sich die Einquartierungen auf Wiederholungskurse, wobei jeweils eine Kompagnie gut Platz hatte.

Nach unserem Wiedereinzug in die Mühle von 1927[2] richtete Schwester Anita im Nordflügel eine Webschule ein. Sie erteilte dort oft Web- und Färbekurse. Der kleine Ofen in der oberen Stube liess sie neu machen.

Der grosse Umbau 1927 und spätere Änderungen

Im Jahre 1927 wurde das gesamte Gebäude eingerüstet. Das Gebäude wurde um ein Stockwerk erhöht und die gesamte Aussenfassade wurde erneuert.

Im Jahre 1927, nachdem ich mein Gymnasialstudium in Chur abgeschlossen hatte, siedelten wir uns wieder in Andeer an. Die Bergwerke in Mexiko hatten einige Jahre sehr gute Erträge abgeworfen und Vater schlug sich schon seit langem mit dem Gedanken herum, einiges davon in den Ausbau der Mühle zu investieren. Sein grösstes Anliegen war, das alte, nicht mehr dichte, Schieferplattendach durch ein Ziegeldach zu ersetzen und die Mühle gleichzeitig aufzustocken. Die Pläne hierfür verfertigte das damals sehr angesehene Architekturbüro «Schäfer und Risch» in Chur. Als im Frühjahr in Andeer mit den ersten Arbeiten begonnen wurde, war ich eben 20-jährig und verfolgte die Geschehnisse mit Interesse.

Durch Schaden klug geworden, wurden diesmal ausgewiesene Firmen zugezogen, z. B. die Baufirma B. C. Caprez von Chur, für die Holzkonstruktion Ambühl Gebrüder, Thusis, als Dachdecker betätigte sich die Firma Victor Meli, Erben von Chur. Als Maler amtete ein gewisser Passini, ebenfalls aus Chur und sodann für die elektrischen Installationen Kast aus Küblis. Die Täfelung der Bibliothek besorgte Rüedi aus Splügen, derselbe, der in der Vorkriegszeit unsere grosse Stube mit Arvenholz getäfelt hatte. Der einzige unter den Baubeauftragten, der unsere Erwartungen nicht erfüllte, war ein gewisser Spengler Meister Toscano aus Thusis. Seine Arbeit war sehr mangelhaft und leider konnten die Mangel nur teilweise ausgebessert werden. Eine Entschädigung wurde angestrebt, aber der Mann starb vor Abschluss des Gerichtsverfahrens. Die Baukosten waren, verglichen mit den heutigen Ansätzen, doch noch recht bescheiden. Die Rechnung der Baufirma Caprez lautete auf Fr 11’700 und diejenige der Dachdecker auf Fr 9000.

Die zwei Fenster im Hof gegen Norden und das grosse Fenster im Esszimmer erhielten schöne Gitter, welche Kunstschmied und Heraldiker Anton Mooser von Maienfeld ausführte. Auf Anregung von Architekt Risch wurden die drei Mauerbogen beim Brunnen erstellt, welche sich sehr gut präsentieren. Der Nordtrakt bekam einen neuen Aufgang zur Haustüre aus Kunststein und eine kleine Veranda über der Haustüre. Der Estrich wurde mit Ausnahme der Bibliothek und des Dienstmädchenzimmers nicht ausgebaut.

Die nicht mehr benötigten Schieferplatten des Daches wurden, soweit noch verwendbar, der evangelischen Kirchgemeinde geschenkt, um das Kirchendach ausbessern zu können. Die meisten wurden jedoch am Fusse des Hanges hinter dem Hause deponiert und sodann eine Trockenmauer als Abschluss gezogen. So entstand der Platz für die Wäschehänge. Die Mauer wurde von G. Pezzoni erstellt.

Früher war die Mühle an den Aussenfassaden mit weissem Mörtel glattgezogen und die Fensterläden waren wie üblich, grün. Nunmehr wurde anlässlich des grossen Umbaus, der Mörtel abgeschlagen und die Fugen zwischen den Steinen mit einem leicht braun getönten Mörtel gestopft, dadurch wurden später immer wiederkehrende Verputze oder das Streichen der Fassaden überflüssig. Die Fensterläden wurden rot gestrichen. Auf dem Dache wurde ein Dachreiter mit einer kleinen Glocke gebaut. Inschrift der Glocke I. R. 1927.

Das dritte Stockwerk im Südflügel bekam nunmehr auch Heizkörper, so die obere Stube, die grosse Schlafkammer und die Kammer gegen den Brunnen. (Das kleine Gästezimmer und das Badezimmer hatten schon Heizkörper).

Die Abschlussmauer des Gartens gegen Norden wurde merklich erhöht und daselbst gegen die Garage ein grosses Holztor eingesetzt. Diese Arbeiten führten die Andeerer Unternehmer Pezzoni und Gasparini aus. Neben dem erwähnten Tor wurde ein gemauerter Brunnen gebaut, der sich dort sehr reizend präsentiert.

Im Baumgarten, südlich der alten Mühle, gab es im Frühjahr oft kleinere Überschwemmungen, weil das Schmelzwasser nicht frei abfliessen konnte. Vater liess deshalb, dem Hang entlang zum Bach, eine Drainage errichten, und auch einen weiteren Strang hinter dem grossen Hause. Von noch grösserer Bedeutung war, dass, mit Ausnahme im Süden und teilweise im Osten wo bereits von früher her Abschrankungen bestanden, endlich ein solider Drahtzaun um die ganze Liegenschaft gezogen wurde. In früheren Zeiten hatten wir stets eine liebe Not, weidende Ziegen und Schafe davon abzuhalten, in den Obstgarten und hinter dem Hause einzudringen.

Zur nunmehr schön hergerichteten „Mühle“ passten die übrigen recht verlotterten Nebengebäude schlecht. Zunächst wurde der Schuppen als Doppelgarage ausgebaut. Vater schwärmte seit langem von einem Auto. Im Jahre 1927 wurde das Autoverbot in Graubünden endgültig aufgehoben, zwar schon früher aber nur teilweise. Vater kaufte 1926 unser erstes Auto. Meine Fahrprüfung habe ich am 6. Juni 27 bestanden. Der Schuppen wurde folgendermassen renoviert: neues Dach, ein Fenster gegen Osten, Zementboden, glatter Verputz an Innenwänden und Decke, sowie zwei grosse Doppeltüren. In den sechziger Jahren liess ich den Vorplatz asphaltieren.

Hinter dem grossen Hause warteten Säge und alte Mühle schon lange auf die Handwerker. Letztere sah recht gespensterhaft und ruinenhaft aus. Die Säge bekam ein solides Dach aus Schiefer und das Haus ein solches aus dunkeln Ziegeln. Der Boden der Säge wurde neu gemacht und somit diente die dortige Diele zum Wäsche trocknen, zur Unterbringung von Brennholz und als Tummelplatz. Im Dach kam ein Taubenschlag und auf Bodenhöhe gab es drei Räume. Zwei davon dienten als Hühnerställe und der dritte als Maschinenhaus für einen Stromgenerator.[3] Der Mörtel der Mauern wurde rötlich getönt und die Holzteile mit Carbolineum gestrichen. Die alte Säge sah wie verjüngt aus. Wir hielten in der Folge viele Hühner aber auch Truten und Perlhühner. Im Taubenschlag hatten wir jahrelang Pfauentauben. Da sich die Mühle auch sehr gut für die Haltung von Wasservögeln eignete, wurde noch ein Entenstall erbaut und daneben ein Teich ausgehoben.

Für die alte Mühle hatte Architekt O. Schäfer einen Plan ausgearbeitet. Das Dach wurde nach dessen Plänen angelegt. Der Innenausbau sollte später durchgeführt werden. Es kam aber schneller dazu als wie geplant.

Ansicht des Pächterhauses (alte Mühle) nach dem Umbau und vor dem Brand von 1939.

Im Jahre 1936 vor unserer Abreise nach Mexiko hatten wir einen Mann namens Julius Ackermann mit Frau und Sohn angestellt, welcher während unserer Abwesenheit die Aufsicht führen sollte. Wir mussten aber bald feststellen, dass er hierzu nicht fähig war und sahen uns veranlasst zu kündigen. Er bewohnte das grosse Haus. Wir zogen dann Andreas Rudin mit Familie aus Clugin zu. Er erhielt neben freier Unterkunft, und einem kleinen Lohn noch die Möglichkeit Landwirtschaft zu betreiben. Jedenfalls war er bessergestellt als in Clugin.

Vater war der Ansicht, es sei besser diese Familie in der alten Mühle unterzubringen. In aller Eile wurde der Innenausbau vorangetrieben, soweit dies möglich und erforderlich war. Das obere Stockwerk wurde nicht ausgebaut, ebenso wenig der Raum über der Garage. Die Arbeiten führten die Handwerker Pezzoni und Bossi aus. Das Dach war schon früher saniert worden.

Ungefähr drei Jahre nach unserer Abreise am 8. August 1939 [4] erreichte uns ein Telegramm, dass das Haus abgebrannt sei. Die Ursache des Brandes konnte nie ermittelt werden.

Fiel die Schuld auf die Kinder, die vielleicht mit Zündhölzchen gespielt hatten, oder war gar Brandstiftung im Spiel? Das Feuer brach in der Garage aus, wo Brennholz aufgestapelt war. Unser Hund «Urs», den die Familie Rudin nach unserer Abreise übernommen hatte, schlug Alarm, und die Bewohner konnten sich retten. Andreas Rudin alarmierte mit der kleinen Glocke auf dem Dache des Hauptgebäudes die Feuerwehr. Das Haus konnte aber nicht mehr gerettet werden und brannte bis auf die Mauern nieder. Immerhin konnte ein Übergreifen des Feuers auf andere Gebäude verhindert werden. Der Schaden war auch so gross genug. Die Familie Rudin verlor ihre sämtliche Habe und wurde im Nordtrakt des grossen Gebäudes untergebracht.

Es war dies nicht der einzige Brandfall in der Mühle oder dessen Umgebung. Etwa 1903 war ein Kaminbrand im Haus B. Mani ausgebrochen, der gelöscht werden konnte. 1913 deponierte unser Dienstmädchen Asche und glühende Kohlen in einem Holzbehälter im Stall. Es entstand ein grösserer Brand, der aber mit der handbedienten Spritze der Feuerwehr eingedämmt werden konnte. Der Schaden war glücklicherweise nicht gross. Es mag 1933 gewesen sein, als unser Hund bei der Schwingtüre im Esszimmer einen angesteckten elektrischen Heizstrahler umwarf. Der Holzboden verkohlte und brannte an dieser Stelle. Teile dieser Bretter mussten ausgewechselt werden. Der letzte Brand war in der Ferienkolonie (Nordtrakt) 1967 (siehe unten)

Die Brandversicherung entschädigte uns für den Schaden insgesamt mit Fr 41’660.00. Diese Summe hätte bei einem sofortigen Wiederaufbau sicherlich genügt, nicht aber später. Inzwischen war Krieg ausgebrochen und das Bauen wurde allgemein eingestellt und von oben herab sogar eine Verschiebung angeraten. Nachher kam die Teuerung und wir hatten das Nachsehen. Löhne und Pensionen wurden der Teuerung fortlaufend angepasst nicht aber Versicherungsansprüche. Wir mussten also zusätzliche Mittel aufbringen, um den Wiederaufbau zu bewerkstelligen. Allerdings wurde manches besser, gemacht, als wie es war.

Nach dem Wiederaufbau sieht das Haus jetzt so aus.

Als erster Bewohner zog im Jahre 1948 das junge Ehepaar Albert und Irma Gadola ins kleine Haus. Im Jahre 1963 zogen sie wieder ins Dorf zurück und an seiner Statt kam die Familie Walter Stoffel aus dem Rheinwald. Einige Änderungen drängten sich auf. Auf dem Dachboden wurden zwei Kammern eingerichtet und sodann ein Badezimmer im Kellerraum. Mit dem Wegzug der Familie Stoffel im Jahre 1970 trat insofern eine Änderung ein, als dass an Stelle eines Pächters ein Mieter Einzug hielt. Felix Gmür und Familie war der neue Mieter. Er stellte gewisse Anforderungen, die ich ausführen liess: Doppelfenster in der Stube, Windfang, neuer Kochherd und die Versetzung des Bades in den ersten Stock. Die Garage erhielt einen Verputz, einen Zementboden und eine Mörteldecke. Die Eingangstreppe wurde mit Platten belegt und die Küche bekam einen besonderen Wandbelag zum Schutz gegen Feuchtigkeit. Einen Teil dieser Baukosten übernahm die Firma Giani AG (Der Arbeitgeber von Felix Gmür), weshalb der Mietzins für die ersten Jahre eher bescheiden war.

Hinter dem Hause gab es im Laufe der Jahre noch folgende Änderungen: die Säge erhielt ein Vordach, um dort Holz zu lagern und als Remise für Geräte etc. Als Mistlege wurde südlich des kleinen Hauses ein offener Schuppen errichtet.

In Sachen Wasserzuleitung wurde von der südlichen Ecke der Säge bis zum Entenstall ein zusätzlicher Strang gezogen, wo die Turbine installiert ist, und die Wasserleitung für die nördlichen WC der Kolonie und die Waschanlage angeschlossen wurde. Des Weiteren speist diese Leitung auch den Tränke Trog bei der Säge.

In der Zwischenzeit hatten die Gemeinde bzw. die Kraftwerke die sogenannte Kläranlage errichtet und alle Häuser wurden angewiesen ihre Abwässer dorthin zu leiten. In Runcs war ein Kanalisationsstrang vom Haus Rosales und über die Holzbrücke angelegt worden. Wir waren nun verpflichtet unsere Abwässer ebenfalls anzuschliessen, was in der Folge auch gemacht wurde. Einzig die Brunnen entleeren sich nach wie vor in den Bach. Dies geschah in den Jahren 1963/64. Die Arbeit führte Carlin Giani, Bärenburg aus.

Da die Quelle Cutschalera der Gemeinde gehörte und eine Inanspruchnahme durch diese zu erwarten war, entschloss ich mich, nach einer zusätzlichen Wasserversorgung umzusehen. Bald bot sich dazu eine Gelegenheit. Schon früher hatte ich eine Semilenleitung von der alten Quellfassung beim Weg zum Hause Rosales bis zum südlichen Teil unseres Baumgartens gelegt. Der Druck und die Zuverlässigkeit dieser Quelle waren jedoch zu gering. Nun konnte ich mit Carlin Giani eine Vereinbarung treffen und das Wasser konnte in Runcs sura gefasst werden. Der Druck stieg auf etwa 4 Atü. Beim Garten liess ich einen kleinen Brunnentrog aufstellen, sodass wir im Notfalle eigenes Wasser haben.

Während unserer 11-jährigen Abwesenheit in Mexiko wurden nur absolut notwendige Reparaturen ausgeführt.

Bauliche Veränderungen und Instandstellungen seit 1947

Es war mein Hauptanliegen, die seit Jahren unbewohnt gebliebene Mühle gewinnbringend auszugestalten. Mein Augenwerk richtete ich in erster Linie auf den Nordflügel. Ein Ausbau desselben für Mietwohnungen hätte kaum rentiert. Ein Fotograf aus Davos sowie Pfr. Christian Weisstanner von Zillis gaben mir den Ratschlag, die Mühle als Kolonieunterkunft auszubauen. Dies sei mit verhältnismässig geringen Kosten verbunden. Ich nahm zunächst Verbindung mit der Stadt Basel auf‚ welche zwar am Objekt Interesse zeigte aber nicht in der Lage war, grössere finanzielle Vorschüsse für den Ausbau zu leisten. Anderseits zeigten sich dann die Zürcher bzw. die Stiftung der Zürcher Ferienkolonien bereit Fr 10’000 vorzustrecken. Der Gesamtausbau kam auf das Doppelte, aber mit dem Vorschuss der Zürcher Stiftung, war es mir möglich den Ausbau zu tätigen. Der vereinbarte Mietzins betrug Fr 2000 pro Jahr und so konnte die Ferienkolonie die ersten fünf Jahre à conto des Darlehens das Haus belegen. Das Darlehen war zinslos vereinbart worden.

Der Umbau fiel in eine Zeit, da wenig Arbeit vorhanden war und die Handwerker von Andeer waren sehr erfreut Beschäftigung zu bekommen.[5]

Es wurden beschäftigt: Kalixtus Bossi, Bart Egli, Mathias Ragetli, alles Schreiner von Andeer und Hans Tobler von Zillis, ebenfalls Schreiner. Die Maurerarbeiten besorgte G. Pezzoni, die elektrischen Installationen Peter Mani und die sanitären Anlagen Ruedi Müller.

Die hauptsächlichsten Veränderungen waren: Vergrösserung des Esszimmers durch Hinzunahme der früheren Spensa (Vorratskammer) und Entfernung der Trennwand. Desgleichen wurde der frühere Aufgang zum Estrich in das Treppenhaus verlegt und eine neue Holztreppe gemacht. Auf dem Dachboden wurde ein neuer Boden gemacht und die Wände und Decke wurden mit Pavatex verschalt. Desgleichen kam dort ein WC. Dieser grosse Raum genügte für die Aufstellung von 45 – 50 Betten. Der Nebenraum diente als Reserve und zum Abstellen der Koffern.

An Stelle der zwei früheren WCs kamen zwei neue. Die Küche wurde auch weitgehend modernisiert. Ein grosser Warmwasserboiler kam auf den Dachboden. Die Waschanlage fand Aufstellung an der Nordmauer des Hauses ist aber nur überdacht.

Die Innenausstattung geschah nur teilweisedurch uns. Es gehören uns sämtliche Tische, Bänke, Schränke, einige Wandbilder, Gartenbänke, ein Schaumlöscher und ein elektrischer Ofen. Auch der Schlauch (für den Fall eines Feuerausbruchs auf dem Dachboden gehört zum Inventar der Mühle). Das übrige Mobiliar, wie Betten, Kochherd, einige Bilder, gehörten der Stiftung.

Die Lösung mit der Vermietung an die Ferienkolonie brachte viel Abwechslung im Sommer und ausserdem fiel ein bescheidener Mietzins ab und somit konnten ab 1949 sämtliche Einquartierungsgesuche der Armee mit gutem Grund abgelehnt werden.

Vor etlichen Jahren liess ich sodann sämtliche Böden mit Ausnahme des Dachstockes mit Sucoflor belegen, was eine Ausgabe von Fr 12’000 verursachte. Dadurch wurde die Reinigung des Hauses wesentlich erleichtert. Ein seit Beginn geführtes Fremdenbuch bezeugt, dass bis dato 2448 Kinder (meist Mädchen) in der Mühle ihre Ferien verbracht haben. Zeitweilig waren auch Klassenlager als Mieter, wobei die gemachten Erfahrungen nicht immer befriedigend waren. Anlässlich eines solchen Lagers verursachte eine unaufmerksame Köchin einen Brand (Frittieröl), der nur dank der raschen Verwendung des Schaumlöschers durch den anwesenden Leiter eingedämmt werden konnte. Der Schaden von Fr 500 wurde durch die Versicherung gedeckt.

Soweit die Mittel ausreichten, habe ich stets laufende Unterhaltsarbeiten ausführen lassen. Im Hof wurde ein Zementboden angelegt und gleichzeitig eine neue Wasserleitung mit einem Abstellschieber beim Kirschbaum zum Hause gezogen. In der Waschküche wurde der alte Rauchfang abgebrochen und ein weiteres Fenster gegen den Bach ausgebrochen. Auch der Vorraum zum Stall erhielt einen Zementboden. Sämtliche Fenster im grossen Stall sowie im Vorraum wurden vergrössert und im Viehstall sorgte ein doppelter Deckenboden für bessere Isolation. Im Viehstall wurden der Gang und die Düngerrinne zementiert. Der Nebenstall erhielt eine neue Decke und die Wände wurden neu verputzt. Der Hühnerstall bekam einen Boden aus Ziegeln.

Das hintere Treppenhaus im Hauptgebäude bekam gegen den Bach im Parterre ein Fenster ausgebrochen, sodass dessen Beleuchtung nicht immer vom elektrischen Licht abhängig war. Der mittlere kleine Kellerraum und der Vorraum vor der Küche wurden ebenfalls mit elektrischer Beleuchtung ausgestattet.

Grössere Aufwendungen verursachte die Heizung. Eine Umstellung auf Öl (früher Kohle) drängte sich auf. Der frühere Heizkessel wurde durch einen gleichartigen aber etwas Grösseren ausgewechselt und ein Ölbrenner montiert. Der Öltank kam vor dem Brunnen in die Erde. Sein Fassungsvermögen war 5000 l.

Gleichzeitig wurde für den Südflügel auch ein neuer Warmwasserboiler montiert. Die Installation des neuen Heizkessels besorgte Ph. Mooser aus Maienfeld, die Lieferung und Montage der Ölheizung geschah durch die Firma Bereiter aus Sargans.

Vor etlichen Jahren bekamen die Gänge im Südflügel einen neuen Anstrich nachdem schadhafte Stellen im Gips ausgebessert worden waren. Im dritten Stock musste die Decke neu gemacht werden wie auch im Gästezimmer. Da die bestehenden elektrischen Leitungen nicht mehr zeitgemäss waren, liess ich diese allemal auswechseln, wenn neue Decken eingebaut wurden, also in Raum zwischen Haustüre und Windfang, im Gang im dritten Stock, im Gästezimmer und in der Küche. Lingerie, Garderobenzimmer und Gartenzimmer bekamen neue Anstriche und Ausbesserungen, die namentlich im Gartenzimmer bitter nötig waren. Der Boden der grossen Stube wurde versiegelt. Das Fenster der Waffensammlung wurde vergittert, das Eingangstor in Zug verzinkt und der Vorplatz asphaltiert.

Im Laufe der letzten Jahre erhielten folgende Fenster eine Doppelverglasung: Das Küchenfenster gegen den Mühlebach sowie das Fenster im Vorraum zwischen Esszimmer und Küche und auch noch die drei Fenster in der Spensa unter der Küche.

Weitere Doppelverglasungen bekamen eine Anzahl Fenster in der oberen Wohnung im Nordtrakt, desgleichen in der alten Mühle hinter dem Hause.

Im mittleren und oberen Gang sowie im Esszimmer und im kleinen Gästezimmer wurden Spannteppiche verlegt. Vor zwei Jahren wurden mit einem Aufwand von Fr 35’0000 die Dachrinnen erneuert und ebenso die Einlaufbleche. Alles aus Kupfer. Sodann musste auch ein Kamin neu erstellt werden auf dem Dache mussten verschiedene Ziegel ausgewechselt werden.

Schliesslich kam zwei Jahre später noch ein Schneefang hinten und vorne auf dem Dache des Nordtrakts und die Reparatur des Daches der alten Säge und der alten Mühle.

Bei den Gartentoren (hinter dem Hause sowie beim Baumgarten) liess ich die früheren hölzernen Tore durch solche aus Eisen und Drahtgeflecht ersetzen.

Der grosse Heustall wurde als Atelier verpachtet und in der Hauptsache die Einrichtungen und baulichen Veränderungen vom Pächter Jürg Joos getragen. (1976) Die Räumlichkeiten: altes Waschhaus, kleiner Viehstall und Vorraum, pachtete Malermeister Anselm Gadola schon mehrere Jahre vor der Verpachtung des grossen Heustalles.

Eiserne Türen sichern nun das Haus beim Gartenzimmer und beim Eingang zum Keller, beide an der Südfront.

In den Jahren 1984/86 fand eine gründliche Revision und Instandstellung der Öfen statt und feuerpolizeiliche Beanstandungen wurden alle behoben.

1985 wurde eine Anlage für die Urnen bei der Mauer gegen Bach an der Südfront des Hauses erstellt.

Vorgesehen für 1986: Neuer Zaun beim Bache vom Haus B. Mani bis zur kleinen Brücke.

  1. Rekognitionszinsen wurden früher oft von Pflichtigen als Form der Anerkennung bestehender Rechtsverhältnisse entrichtet; Rekognitionsgelder heißen hier und da die alljährlich von Gewerbetreibenden und Verkäufern gezahlten Steuerabfindungen.

  2. In den Jahren 1916 – 1927 verbrachte die Familie Ragaz nur den Sommer in der Mühle, da sie in Chur wohnhaft waren.

  3. Mit dem Wasser der «Cutschalera» hatte Vater einen kleinen elektrischen Generator betrieben. Auf die Länge war die Stromproduktion aber ungenügend.

  4. Das Haus brannte in der Nacht vom 7. zum 8. August 1939 nieder.

  5. Zwischen der Decke des unteren und Boden des zweiten WC, liess ich eine kleine Flasche einmauern, welche einige Notizen aus der damaligen Zeit enthält. Die Abschrift davon befindet sich bei den Akten.